Der CO2-Fußabdruck von Gebäuden durch den Einsatz von Baumaterialien

Gut ein Drittel aller Treibhausgasemissionen eines Gebäudes entstehen bereits bei der Herstellung der Baumaterialien und der Errichtung der Gebäude. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) e.V., die 50 zertifizierte Gebäude in Hinblick auf ihren CO2-Fußabdruck untersucht hat. Die Treibhausgasemissionen eines Gebäudes lassen sich in betriebsbedingte und verbaute CO2-Emissionen unterteilen.

 

Eine Ökobilanzierung ermöglicht es, die Umweltfaktoren eines Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus zu bewerten. Neben dem Energiebedarf wird dabei ebenfalls das verwendete Baumaterial betrachtet. Das ist sowohl bei Sanierungen als auch bei Neubauten relevant, da bei der Herstellung von Beton große Mengen CO2 emittiert werden, während Holz in der Ökobilanz als klimaneutraler Baustoff bewertet wird.

 

„In der Energieeffizienz von Neubauten haben wir in den letzten Jahren Fortschritte erreicht“, sagt Dr. Anna Braune, Abteilungsleiterin Forschung und Entwicklung der DGNB. „Von den Klimaforschenden haben wir den klaren Auftrag, die CO2-Emissionen von Gebäuden jede Dekade zu halbieren, um die Klimakrise in einem erträglichen Maß zu halten. Mit Blick auf die nächsten Jahre müssen wir jetzt dringend einen zusätzlichen Fokus auf die Treibhausgasemissionen des Bauwerks legen.“

 

Ein Hebel zur Reduktion der verbauten CO2-Emissionen liegen unter anderem in der Bauweise, den Bauteilen mit großer Masse und der Nutzungsdauer der Baustoffe, auf die ein gutes Drittel der gesamten Gebäudeemissionen entfallen. Bei Gebäuden mit einem sehr niedrigem CO2-Fußabdruck können die materialbedingten CO2-Emissionen sogar bei 50 Prozent oder höher liegen.

 

Ziel der DNGB-Studie ist es, den Planenden und Auftraggebenden konkrete Benchmarks für ihre eigenen Bauprojekte zu liefern. Um die Umweltauswirkungen von Gebäuden zu vermitteln, wurden 46 Büro- und vier Wohngebäude mit einer Brutto-Grundfläche zwischen 600 und 40.000 Quadratmetern für eine Ökobilanzierung ausgewählt. Darunter befanden sich Holz- bzw. Holzhybridgebäude sowie Gebäude in Massivbau- und in Stahlbeton-Skelettbauweise.

Während die verbauten CO2-Emissionen bei konventionellen Neubauten im Lebenszyklus von 50 Jahren sich auf etwa 500-800 kg CO2e/m2 belaufen, schneiden die in der DGNB-Studie untersuchten Gebäude mit im Schnitt 440 Kilogramm CO2e/m2 besser ab,  aber in Hinblick auf die Klimaschutzziele ist das noch viel zu hoch.

 

Um Planenden Stellschrauben zur Reduktion der CO2-Emissionen im Bauwerk zu liefern, wurden die Datensätze anhand zahlreicher Differenzierungsmerkmale wie beispielsweise Bauweisen, Bauteile und Lebenszyklusphasen ausgewertet. Das beste Ergebnisse erzielten die Holz- und Holzhybridbauten, doch auch mit Massiv- oder Stahlbetongebäude lassen sich in der Lebenszyklusbetrachtung gute Resultate erzielen.

 

Der Vergleich der Herstellungsemissionen der Bauteile ergab, dass die Decken mit mehr als einem Drittel besonders ins Gewicht fallen, gefolgt von den Außenwänden und der Gründung. Unter den Bauwerken mit den höchsten CO2-Werten befinden sich sehr hohe Gebäude mit einem starken Anteil an den Decken bzw. den Innenwänden und Dächern. Die Betrachtung der Bauteile zeigt, dass neben der Wahl der Baustoffe ein enormes Reduktionspotenzial in den Bauteilen mit den größten Massen liegt. Eine wichtige Rolle spielt zudem die Nutzungsdauer der Bauteile.

 

Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau fordert, die Baubranche solle die Baustoffe im Stoffkreislauf halten, um ihren Anteil am Ressourcenverbrauch, an der Erzeugung von Abfall und an der CO2- Emission deutlich reduzieren. „Bauen im Stoffkreislauf bedeutet, dass wir aus Baustoffen, die wir einmal verwendet haben, immer wieder neue Baustoffe erzeugen“, erklärt Dr. Markus Hennecke, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. Um das Cradle-to-Cradle-Prinzip in der Baubranche zu etablieren und alte Baustoffe in neuen Bauwerken wiederverwenden zu können, sei nicht nur ein Umdenken auf technischer Ebene, sondern auch neue Geschäftsmodelle und andere Finanzierungsmöglichkeiten erforderlich.

„Um Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir das Bauen verändern. Die Baustoffe, mit denen wir heute vorrangig arbeiten, erfüllen diese Anforderungen meist nicht. Dr. Markus Hennecke, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau

Recycling per elektromagnetischer Fragmentierung

Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP entwickelt ständig neue Recycling-Technologien, um die jährlich rund 60 Millionen Tonnen anfallenden Bauschutt in Deutschland aufbereiten zu können. Nachdem das Institut getestet hat, wie sich Beton mittels der elektrodynamischen Fragmentierung (EDF) in seine Einzelbestandteile zerlegen lässt, wird dieses Verfahren nun auch für den Mauerwerksabbruch eingesetzt. Dabei wird das Material in Wasser gelegt und mit Hilfe eines Speziallasers durch ultrakurze Blitzimpulse von anhaftenden Mörtel- und Putzresten befreit.

 

Die Millimeter bis Zentimeter großen Bruchstücke aus Ziegel und Mörtel werden im zweiten Schritt auf einem Förderband spektroskopisch analysiert und sortiert, um sortenreine Materialien für den Wiedereinsatz in Bauprodukten zu erhalten. Mit diesem Verfahren soll es in Zukunft möglich werden, aus einer Tonne Mauerwerksabbruch rund 700 Kilo sortenreinen Ziegelbruch für die Ziegelherstellung zu gewinnen und nachhaltige Rohstoffquellen für die Gips- und die Zementindustrie zu erschließen.