EU setzt auf höhere Trinkwasserqualität

Trinkwasser ist das Lebensmittel Nummer eins. Um die Qualität des Trinkwassers zu verbessern, ist die bestehende EU-Trinkwasserrichtlinie überarbeitet worden. Die neue europäische Richtlinie sieht vor, verbesserte Normen für die Sicherheit von Wasser zu schaffen, die im Einklang mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen und auf den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation basieren. In der der gesamten EU soll eine risikobasierte Bewertung der Sauberkeit des Wassers erfolgen, damit sich mögliche Risiken für Wasserquellen bereits auf der Versorgungsebene ermitteln lassen.

 

Ein weiterer Eckpunkt zielt darauf ab, das Vertrauen der Konsumenten in Leitungswasser zu stärken, um den Verbrauch von Flaschenwasser zu reduzieren. Das ist sowohl in ökonomischer als auch in ökologischer Hinsicht eine Win-Win-Situation, denn dadurch können die Verbraucher*nnen Kosten sparen, während die Umwelt von weniger Kunststoffabfällen in Flüssen und Meeren sowie reduzierten Treibhausgasemissionen profitiert.

 

Schätzungen zufolge kann eine Verringerung des Verbrauchs von Flaschenwasser in den Haushalten in Europa zu Einsparungen von mehr als 600 Mio. Euro pro Jahr führen. Nach den Berechnungen des Umweltbundesamtes zahlt ein Zweipersonenhaushalt in Deutschland für die Verwendung von 242 Litern Trinkwasser pro Tag 54 Cent. Ein Liter Leitungswasser kostet 0,2 Cent und ist damit erheblich günstiger als Mineralwasser.

 

Zu den Zielsetzungen der EU-Trinkwasserrichtlinie gehört, in öffentlichen Gebäuden künftig Wasserspender zu installieren. Zudem sollen die Mitgliedsstaaten fördern, dass Trinkwasser in Restaurants und Kantinen kostenlos oder gegen eine geringe Servicegebühr bereitgestellt wird. Dazu hat bereits der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) Position bezogen, der nicht davon ausgeht, dass viele Gäste ausschließlich Leitungswasser bestellen werden. Auch die Erfahrungen mit kostenlosem Wasserausschank  im englischen Depot Cinema  in Lewes zeigen, dass dieser Service nicht zu Einbrüchen im Concession-Bereich führt. Die Kinogäste leisten sich stattdessen zusätzlich eine Tasse Kaffee oder ein Glas Wein.

 

In Deutschland schreibt die Mineral- und Tafelwasser-Verordnung vor, dass das frisch an der Theke gezapfte Wasser ausschließlich als Tafelwasser tituliert werden darf. In gastronomischen Betrieben ist es vorgeschrieben, Mineralwasser  ausschließlich in verschlossenen Fertigpackungen zu servieren. Zudem muss natürliches Mineralwasser am Quellort abgefüllt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass günstigeres Quell- und Tafelwasser oder Leitungswasser nicht als Mineralwasser angepriesen wird.

 

Neue Grenzwerte

Um die Qualität des Trinkwassers in der EU zu erhöhen, werden die Grenzwerte für Blei und Chrom halbiert. Erstmals werden Grenzwerte für 20 per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) erhoben, die als besorgniserregende Substanzen gelten, da sie weder in der Umwelt noch im menschlichen Körper abgebaut werden können. Aufgrund ihrer fett-, wasser- und schmutzabweisenden Eigenschaften werden PFAS-Stoffe weltweit in zahlreichen Alltagsprodukten wie Kochgeschirr, Outdoor-Textilien, aber auch in Polstermöbeln, Teppichen, Kosmetika und Lebensmittelverpackungen eingesetzt.

 

In den USA hat der Chemiekonzern DuPont jahrzehntelang mit PFOA angereicherten Schlamm auf einer Deponie verklappt, wo das Gift über das Abwasser in die Umgebung gelangte. Eine Studie belegt, dass fast 70.000 der dort lebenden Menschen kontaminiertes Trinkwasser getrunken haben, von denen inzwischen viele an Krebs erkrankt oder gestorben sind. Diesen Umweltskandal hat der amerikanische Independent-Regisseur Todd Haynes in seinem aktuellen Kinofilmdrama Vergiftete Wahrheit thematisiert. Der Hauptdarsteller Mark Ruffalo war im Februar 2020 zu Gast im Europa-Parlament, um vor dem todbringenden Teflon-Gift im Trinkwasser zu warnen.

 

 

In der EU ist die Verwendung von Perfluoroctansäure (PFOA) seit dem 4. Juli 2020 verboten, doch für mehr als 4.700 weitere „ewige Chemikalien“ gibt es noch keine chemikalienrechtlichen Verbote. In die EU-Trinkwasserrichtlinie sind erstmals auch Grenzwerte für die hormonverändernde Substanz Bisphenol A sowie für die Stoffe Chlorit, Chlorat, Halogenessigsäuren, Microcystin-LR und Uran aufgenommen worden. Neu ist außerdem die Einführung einer „Beobachtungsliste“ für Stoffe, die als potenziell gesundheitsschädlich gelten wie beispielsweise Mikroplastik. Die Versorger sind verpflichtet, diese gelisteten Stoffe im Trinkwasser zu messen und gegebenenfalls aus dem Wasser zu entfernen.

 

Die neue EU-Trinkwasserrichtlinie soll für eine größere Transparenz gegenüber den Verbraucher*nnen sorgen. Die Wasserversorger sind verpflichtet, diese jährlich über die Wasserqualität, den Wasserpreis, die verbrauchte Wassermenge sowie Möglichkeiten zur Reduzierung des Wasserverbrauchs zu informieren. Zudem müssen sie bei einer Überschreitung von Grenzwerten auf mögliche Gefahren hinweisen.

 

Die Neufassung der Richtlinie soll im Herbst vom Europäischen Parlament und dem Rat verabschiedet werden und wird 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten. Ab diesem Datum haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um die Regelungen in nationales Recht umzusetzen.