Novelliertes Klimaschutzgesetz mit geschärften CO2-Reduktionszielen

Mit der Novelle für das Klimaschutzgesetz strebt die Bundesregierung schärfere Klimaschutzvorgaben an, um in Deutschland bis zum Jahre 2045 die Treibhausgasneutralität zu erreichen. Die Verschärfung der Klimaziele hat das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung auferlegt, weil im Ende 2019 verabschiedeten Klimaschutzgesetz „hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031“ fehlten.

Das Klimaschutzgesetz führe dazu, dass hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030 verschoben werden. Mit diesem Klimaschutzurteil haben die Karlsruher Richter in einigen Punkten den Verfassungsbeschwerden stattgegeben, die Organisationen wie die Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Greenpeace, der BUND, der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) sowie Fridays for Future eingereicht hatten.

Damit Deutschland die angestrebte Klimaneutralität erreicht, soll der Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um 65 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 verringert werden. Bisher sah die Zielvorgabe vor, die CO2-Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um 55 Prozent zu verringern. Bis 2040 muss eine schrittweise Reduzierung der Treibhausgase um 88 Prozent erfolgen. Die stärkeren CO2-Minderungsziele wirken sich entsprechend auf Sektoren wie die Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft aus.

Das Klimaschutzgesetz setzt den Rahmen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Es stellt uns alle vor eine große Aufgabe. Denn es geht nicht um Mathematik, es geht um die Art, wie wir künftig leben, produzieren, heizen und uns fortbewegen wollen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze

Für die Jahre von 2031 bis 2040 werden sektorübergreifende jährliche Minderungsziele festgelegt. Aus diesen ergibt sich, wie vom Bundesverfassungsgericht nahegelegt, ein konkreter Minderungspfad bis zum Jahr 2040. Spätestens im Jahr 2032 muss die Bundesregierung einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegen, um die weiteren jährlichen Minderungsziele bis zur Netto-Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 gesetzlich festzulegen. 2024  sollen für jeden Sektor die jährlichen Minderungsziele für den Zeitraum 2031 bis 2040 definiert werden.

Um die ambitionierteren Sektorziele zu erreichen, soll dieser Transformationsprozess durch Maßnahmen in Form von Anreizen, Vorgaben und Förderungen unterstützt werden. Dafür ist ein zusätzliches Fördervolumen im Umfang von bis zu acht Milliarden Euro vorgesehen. Zudem wird die Rolle des Expertenrats für Klimafragen gestärkt. Der Expertenrat für Klimafragen legt erstmals im Jahr 2022 und dann alle zwei Jahre dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung ein Gutachten zu bisherigen Entwicklungen der Treibhausgasemissionen, Trends bezüglich der Jahresemissionsmengen und Wirksamkeit von Maßnahmen mit Blick auf die Zielerreichung nach diesem Gesetz vor.

Laut der Klimabilanz 2020, die das Umweltbundesamt im März 2021 veröffentlicht hat, sind in Deutschland 2020 rund 739 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt worden, was einem Rückgang von rund 70 Millionen Tonnen gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Reduktion gegenüber 2019 beläuft sich somit auf 8,7 Prozent.

Im Gebäudebereich ist die Emissionsminderung von drei Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten auf insgesamt 120 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente allerdings nicht ausreichend. Dem Klimaschutzgesetz zufolge darf die Jahresemissionsmenge für den Gebäudesektor nicht über 118 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten liegen. Da das Reduktionsziel im Gebäudebereich um rund zwei Millionen Tonnen CO2-Äq-Emissionen überschritten wurde, ist die Bundesregierung gefordert, bis zum 15. Juli 2021 ein Sofortprogramm für den Gebäudebereich vorzulegen.

Bei einer Überschreitung der zulässigen Jahresemissionsmenge soll der Ausgleich unmittelbar erfolgen, damit die überschüssigen Emissionen nicht in die nächsten Jahre mitgenommen werden und die auszugleichende Menge bei weiteren Verfehlungen immer größer wird.

Mehr als ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs fließt allein in die Beheizung, Kühlung und Beleuchtung von Gebäuden. Da die Emissionen im Gebäudesektor nicht mit den Klimaschutzzielen vereinbar sind, besteht angesichts der langen Sanierungszyklen Handlungsbedarf, wenn der Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral werden soll. Neben einer zusätzlichen Förderung sind schärfere Vorgaben wie höhere Energiestandards für Neubauten vorgesehen. Die Kosten des CO2-Preises sollen künftig zur Hälfte von den Vermieter*nnen und Mieter*nnen getragen werden, da die Vermieter*nnen über energetische Sanierungen und die Art der Heizung entscheiden.

Dank den zum Jahresbeginn 2020 eingeführten Förderkonditionen für Heizungsanlagen, die erneuerbare Wärme nutzen, wurden umweltfreundliche Heizsysteme wie Wärmepumpen und Brennwerttechnik in Verbindung mit Solarthermie 2020 stärker nachgefragt. Der Austausch von Heizungen ist mit 488 Millionen Euro gefördert worden, was der Heizungsindustrie ein Umsatzplus von 13 Prozent bescherte. Auch zahlreiche Kinobetreiber*nnen haben attraktive Förderbedingungen für die Installation eines effizienteren Heizsystems in Anspruch genommen.

Das Tempo bei der energetischen Sanierung reicht allerdings nicht aus, um eine Wärmewende im Gebäudesektor herbeizuführen. Fachverbände wie die Bundesarchitektenkammer, die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen und die Deutsche Umwelthilfe haben die Bundesregierung aufgefordert, Anreize zu schaffen, damit bis 2025 eine Sanierung von eine Million Bestandsgebäuden pro Jahr erfolgt. Da Daten zu den Energieverbräuchen der Gebäude in Deutschland fehlten, müssten erheblich mehr Energiebedarfsausweise für Gebäude ausgestellt werden. Um den Klimaschutz im Gebäudebereich umzusetzen, wird außerdem eine Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sowie der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gefordert.

Die Deutsche Umwelthilfe plädiert dafür, künftig  keine Heizungen mehr zu fördern, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Im Rahmen des Bundesförderprogramms Heizen mit Erneuerbaren Energien werden seit 2020 auch Gas-Hybrid-Heizungen sowie Gasheizungen mit dem „Renewable Ready“-Label gefördert. Bei Gas-Hybrid-Heizungen muss nur 25 Prozent der Heizlast des Gebäudes aus regenerativen Quellen stammen und Heizung mit dem „Renewable Ready”-Label können komplett mit Gas betrieben werden, denn sie müssen nur anschlussfähig für erneuerbare Energiequellen sein. Die Konditionen des Bundesförderprogramms zum Heizen mit Erneuerbare Energien sind in der 2021 gestarten Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)  beibehalten worden.